Auszug aus dem Theelrecht
Theel-Recht
Auszug aus
JUS THEELACHTICUM REDIVIVUM
oder
Neu revidirtes Theel-Recht
zusammengetragen von Caspar Wenckebach, J.U.D.
Hochfürstl. Ostfriess. Landrichter,
vermehret und zum Druck befördert
von seinem Sohne
Christian Eberhard Wenckebach, J.U.D.
Königl. Preuss. Rath
Gedruckt bey Johann Justinus Gebauer, Halle 1759
Kurtzer Entwurff aller alten Gewohnheiten auch Gräfflichen Constitutionen deren Gnädigen Confirmation unterthänig gesuchet wird.
Articulus I
Alle alte wohlhergebrachte Gewohnheiten belangend die uhralte bey Norden belegene acht Theen=Länder benantlich die gaster, linteler, eckeler, eber, hover, osthover, neugroder und trimser Theenen, sollen nach, wie vor ohne einige Enderung und Schmälerung in ihrem vollen Vigore und Observantz allemahl behalten werden.
II.
In specie soll denen vornehmsten Gliedmassen der Gemeine befreystehen, jährlich vier redliche Männer als Theel=Achters zu erwehlen, dieselbe auch nach Befindung hinwiederum ab= und an deren Stätte andere anzusetzen.
Keiner soll des Thee1=Achters Amt fähig seyn, denn daß er selbst oder seine Haußfraue in den Theile, so er verwalten wird, beerbet sey.
III a
Wenn ein Theelachter verstorben und in den beiden Büchern, die er verwaltete, ein Erbbauer oder Pelzbauer nicht vorhanden ist, der sich für das Amt des Theelachters meldet oder ein geeigneter Erbbauer oder Pelzbauer nicht vorhanden ist, kann auch ein Erbbauer oder Pelzbauer, der in anderen Büchern beerbt ist, zum Theelachter für die vacant gewordenen Bücher gewählt werden.
Dieser Theelachter muss aber sein Amt abgeben, sobald sich ein Erbbauer oder Pelzbauer für den Posten des Theelachters meldet, der in diesen beiden Büchern beerbt ist und ordnungsmässig gewählt wird. Die Übergabe des Amts erfolgt nach Beendigung des laufenden Rechnungsjahres.
IV.
Alle und jede erwehlte Theel=Achter sollen von den Meyer. die jährliche Heuer einehmen, und einen jeden Interessenten, so Theele besitzet, nach Anzahl seiner Theelen sein Quotam und Antheil jährlich entrichten, auch den vornehmsten Beerbeten auf deren Begehren, seiner geführten Verwaltung halber Rechnung, Rede und Antwort geben, und sonsten nach seinem äußersten Vermögen, wie einem ehrlichen, redlichen Manne gebühret, der gantzen Gemeine Gerechtigkeiten erhalten und befördern.
*) zu III a
Beschluss der Abrechnungsversammlung vom 25. Juni 1952
V.
Wann Streitigkeiten sich erregen, es sey daß Theelen versterben, vertheilet und verkaufft sollen werden, und in andere dergleichen Fällen sollen dieselbe von denen Theel-Achtern allei¬ne ohne Zuziehung andrer verständigen und Alten Erb=Bauren nicht decidiret, bescndern allemahl andere vornehme Beerbte dazu mitgeruffen werden.
Alle so Thee1=Länder in der Heur haben, sollen schuldig seyn, zu rechter Zeit ihr Heuer=Geld den Theel-Achtern abzutragen; Falß aber die Heuren eine geraume Zeit nicht bezahlet werden, soll den Theel=Achtern befreystehen, ihres Gefallens selbige Länderey andere zu verheuren, wie solches nicht allein altes Gebrauches be¬sondern auch von weyland Graff Ennen zu Emden Anno 1535. am
12ten Febr. ist confirmiret.
V I I .
Ein jeglicher so Erb= oder Kauff=Theelen und etwas der Theel=Länder als eigen Land wird gebrauchen, soll Herrn Graffen Edzard zu Berum an Freytage nach Simonis et Judae Anno 1518. ertheilten Constitution zu Folge seiner Theelen verlustig, und dabeneben in zwantzig Goltgülden Seaffe der Herrschaft verfallen seyn.
VIII.
Da einer derselben so Erb= oder Kauff=Theelen hat will etwas der Theel=Länder heuren, soll solches gleich andern von denen Thee1=Achtern heuren, denselben das Heuergeld erlegen, und darauf von den Theel=Achteren, gleich andern Bauren sein Theel= Geld empfangen, nicht aber sich selbst bezahlet machen, massen auch dieses von Herrn Graff Edzarten in vorgemelter Constitution ernstlich anbefohlen werden.
IX.
Ein jeglicher so in den obbenannten achte Theen=Länder ist beerbet, kann nur ein jeglicher derselben eine Erb=Theile haben und behalten, dannenhero, obschon ein beerbter Bauer würde eine heyrathen, so gleichfalb in selbiger Theenen ein Erb=Recht besitzete, verschwindet jedoch eine solche Erb-Theele, so lange der Mann oder die Frau lebet, und verfält auf die sämtliche Gemeine.
X.
Da auch einer in den obbenannten Theenen viel Theelen hätte, verbleibet jedoch nur eine derselben ein Erb=Theele, übrige alle werden als Kauff= oder schlechte. nicht aber für Erb=Theelen aestimiret und gehalten.
XI .
Wann ein Mann oder Frau, so beyde Erbberechtiget, stirbet und ad secunda vota schreitet, müssen die Kinder erster Ehe, auch bey Lebzeiten ihres Vatters oder Mutters zum Angriff ihres verstorbenen Vatters oder Mutters Theelen zugelassen werden. Den Kindern aber folgender Ehe verbleiben des letztlebenden Vatters oder Mutters Erb=Theelen.
XII.
Der Erbfall einer Erb=Theelen kann nicht dann in absteigender Linie geschehen, und kann demnach keiner, da er ohne Leibes=Erben verstirbet, seine Erb-Theele auf Bruder, Schwester, Vatter und anbre ex latere verwannten Freunden vererben.
XII a *)
Wenn ein Sohn vor seinem Vater verstirbt und hinterlässt Söhne oder Töchter, sind diese nach dem Tode ihres Grossvaters zum Angriff auf seinen Namen berechtigt.
XIII.
Wenn ein Bruder geheyrathet, und dennoch ohne Leibes=Erben verstirbet, kann auf die annoch übrige Schwestern keine Erb= Theile des verstorbenen Bruders fallen. Da aber der Bruder ausserhalb Ehestandes verstirbet, ist die Schwester berechtigt zu den Erb=Theelen nicht zwarn als ein Erbe ihres Bruders, besondern als ein Erbe ihres verstorbenen Vatters oder Mutters.
XIV.
Keiner so unehrlich gebohren kann seiner Eltern Erb=Theele erben, doch kann er ex testamento ein Erbe werden der Kauf-Theelen.
XV.
Wann ein Vatter ein Erb=Bauer verstirbet, und lässet hinter sich Söhne und Töchter, verfallen die Erb=Theelen allein auf die Söhne, die Töchter aber können nur zum Antheil der etwa gekauften Theelen nach Landes=Gewohnheit und Land=Recht admittiret werden.
XVI.
Wann ein Vatter ein Erb=Bauer viel Söhne hinter sich verläst, behält der jüngste Sohn für sich allein, als des Vatters jüngster Erbe alle des Vatters Leib=Theelen. Ein jeglichen der übrigen Brüder aber wird dennoch aus der Gemeine eine Erb=Theele gegönnet, da derselbe den Begriff rechtmäßiger Weise nach Bauren= Recht hat verrichtet.
*) zu XII
Beschluss der Abrechnungsversammlung vom 12. Juni 1940
XVII.
Verlässet ein Erb=Bäuer nur Töchter und keine Söhne, verstirbet die Erb=Theele so wohl als andere Theelen auf die ehelich gebohrne hinterlassene Töchter, sind derselben mehr als eine, muß unter aller denen Töchtern die Erb=Theele gleich getheilet werden, da dennoch dieselbe Töchter auf dem Ehebette Kinder zeugen, kann deren jeglicher Sohn nach Absterben der Mutter wegen des geringen erblichen Artheils ihrer Mutter, eine gantze Theele ergreiffen.
XVIII.
Welcher Sohn einen Angriff einer Erb=Theelen zu thun Willens, muß ehrlich verheurathet, von seinen Mitbrüdern und Schwestern abgesondert, und seine eigene Haußhaltung führen, kann sonnten zum Angriff nicht zugelasen werden.
XIX.
Bey keiner Erb=Theele, so anderen ist verhypothesiret, kann eine Angriff geschehen, so lange die Verpfändung währet, und die Ablösung nicht geschehen ist.
XX.
Wenn eine Erbgerechtigkeit ex parte, vermittelst Erbe und Angriff uff den Söhnen ist vererbet, und derselben Söhnen männigliche Leibes=Erben (id est ex avo nepotes) einen Angriff zu thun begehren, müssen sie solche ihre Erbgerechtigkeit mit dreyen glaubwürdigen beerbeten Zeugen bescheinigen.
XXI.
Da folgende solte genugsam erfunden seyn, daß die vorangedeutete Zeugen der Wahrheit zuwider geredet, und falsch Zeugniß gegeben, seynd dieselbe eo ipso facto ihrer eigenen Erb= Theele verlustig, können auch nachgehends nicht wieder zu einer Erbgerechtigkeit der Theelen zugelassen werden.
XXII.
Wann eine Theele verfält, gehöret dieselbe der gantzen Communion der Bauren, welche darauff folgenden Michaelis den Angriff thut, jedoch dergestalt, wofern der Besitzer vor St. Johannis Baptistae verstorben, wann aber derselbe nach St. Johann Todes verblichen, muß der Verstorbenen Erben bis auff Michaelis besagte Nutzung abgefolgt werden.
XXIII.
Kein Erb=Bauer mag nicht eigenes Gefallens, ohne special eingeholten Consens der zeitigen Theel-Achters und der Commun, obschon er keine Leibes=Erben hätte, seine Erb=Theelen verkauffen, verwechseln, oder sonsten alieniren, besonders (wie gesaget) fallen nach dessen Tode die erledigte Theele der Communion anheim.
Wann einer unbeerbter vorhanden, so seine Theele veralieniret oder verwechselt, ist solche Alienatio nur bey dessen Lebzeit bündig, sobald aber der alienans mit zeitlichen Tode abgegangen, ist auch die Alienatio zu Ende, und hat derselbe so mit dem alienanti contrahiret, des gemachten Contraets halber ferner sich nicht zu erfreuen.
XXV.
Wann ein Erbberechtigter dem Gott eheliche Leibes=Erben bescheret, wird genöthiget seine Erb=Theelen zu alieniren, ihme auch solches zu thun, von den Theel-Achtern und der Gemeine wird aus beweglichen Ursachen gegönnetz so behalten die verkaufte Theelen nicht die Natur und Eigenschaft der Erb=Theelen, besondern bekommen die Art eines andern privat Allodial-Guts, werden auch nachgehends nur den gemeinen Land=Rechten und Gewohnheiten nach genutzet.
XXVI.
Da Theelen verkauftet müssen werden, hat die Gemeine der Erb=Bauren unter welche die Theelen gehören, den Verkauft oder das Jus protimios, und die Thee1=Achtern behalten solche Theelen aus den gemeinen Gütern und Vortheilen, die jährlich fallende Heuren unter die gantze Gemeine. Solte ein Verkauft geschehen ehe und bevor den Theel=Achtern solche Theelen zu Kaufte angestellet worden, ist der Verkäuffer, der Theelen verlustig, und der Herrschaft mit zwantzig Goldflorenen Straffe verfallen, massen solches von den Herrn Graff Edzarden zu Embden Anno 1529 Soirrn post decollationem Johannis Eaptistae constituiret worden.
XXVII.
Ein jeglicher so Theelen besitzet ist schuldig denen Thee1=Achtern und den vornehmsten beerbten uff Begehren guten Beweiß vorzubringen, von wehme und wie er zum. Besitz solcher Theelen sei gelanget, bey Verlust der Theelen und zwantzig Goldflorenen Straffe der Obrigkeit, wie solches auch in vorangezogener Herrn Graffen Edzarden Constitution ist versehen.
XXVIII.
Alles was denen bishero erwehnten Gräflichen Constitutionen und alten wohlhergebrachten Gerechtigkeiten gemäß, von denen Theel=Achtern und den gemeinen Erb=Bauren in vorfallenden Sachen erkannt, ausgesprochen, oder geschlossen wird, kann durch andere geistliche und weltliche Rechten nicht umgestossen und annuliret werden.