Großes Rätsel um die Entstehung der Norder Theelacht gelöst.

von Gudrun Dekker ‑ Schwichow, im September 2005 (Copyright)

(für die nachfolgenden Ausführungen übernimmt die Theelacht zu Norden keine Verantwortung in Bezug auf Ihre Richtigkeit, siehe weiter unten die Quellenangaben der Autorin)

1. Einleitung

Die Entstehungsgeschichte der Norder Theelacht (Allmende = Theen Bauern‑Genossenschaft) ist ausschließlich durch die älteste Benennung ihrer ältesten 8 Theele oder Theene (= Miet = Lehn‑Landanteile der Norder Theelgenossenschaft in/bei der ehemaligen Hilgenrieder Bucht) erklärbar. Sie lagen bei Hagermarsch, Theener, Nesse bis Neßmersiel, Kiphausen und Coldinner Grashaus. Inzwischen mit den Ländereien anderer Höfe verschmolzen, ist ihre Lage heute im Einzelnen nicht mehr genau einzugrenzen. Diese Theele, ehemals meist Wiesen‑ und Weideland wurden den Normannen im Jahre 884 n. Chr. durch eine erfolgreiche Schlacht bei der Hilgenrieder Bucht in der Nähe des Meeres abgewonnen (also: durch Sieg erworben), als Dank vom fränkischen König übereignet und von der Norder Theelacht – Genossenschaft seitdem verwaltet. Durch die Lage der Theellande in Meeresnähe ist es auch verständlich, dass Theelachter nach dem Deichbau (um 1000 n. Chr.) oftmals auch Aufgaben innerhalb der
Deichgenossenschaft übernommen haben. Doch wer war an dieser Schlacht gegen die Normannen beteiligt? Waren es ausschließlich Norder? Fest steht nämlich, dass es sich bei dieser ältesten Genossenschaft Frieslands um eine Norder Allmende ‑ Bauern – -Genossenschaft handelt. Wie oben schon angerissen, muss der Lösungsweg nach der Entstehung der Norder Theelacht mit der Feststellung beginnen, dass die Norder Theelacht von Anfang an zerfiel und heute noch zerfällt in 8 Theele, Theene oder Bücher.
Die Namensgebung dieser 8 Theele wird im folgendem untersucht, und zwar in 2 Vierer ‑Blöcken. Nur so kann es zu einer Lösung kommen.

2. Vier Theele an/in der Hilgenrieder Bucht, benannt nach den geographischen Wohnorten der kämpferischen Ethelingeder Norder Sandbauernschaft gegen die Normannen

Fest steht, dass die Benennung der ersten vier Theellande eng in Zusammenhang mit den
Norder Ethelings‑Geschlechtern (= Edelgeschlechter) aus den Norder 4 Sandbauernschaften Westgaste, Lintel und Ekel zusammenhängt. Zu diesen gehörte auch der Neugroden, das war das zur See hin liegende und bis dahin neu gewonnene Marschland (= Groden, nördliche Westermarsch (Westermarsch I), Lintlermarsch und Ostermarsch. Die der Bewohner von Westgaste, Lintel, Ekel und Neugroden hatten ihre Weiden und Uthöfe in/bei der Hilgenrieder
Bucht, die sie von ihren sogenannten Uthöfen, gelegen am Geestrand vor der der
Hilgenriederbucht, aus betrieben. Diese Weiden der Westgaster, Linteler, Ekeler und Neugroder waren also wegen ihrer Wirtschaftlichkeit verteidigungswert, in diesem Fall gegen die Normannen im Jahre 884. Weshalb wurden nun in der Norder Ludgerikirche und in der Hager Kirche seit jeher die Zahlungstermine (Herbst und Frühjahr) der Norder Theelacht vorgelesen? Das ist daher zu erklären, daß die Norder Ethelingsgeschlechter von Westgaste, Lintel, Ekel und des Neugroden ihre Uthöfe (später Burgen) mit Weiden ‑ wie oben bereits beschrieben auf dem Geestrand über Hage bauten (Lütetsburg ‑ Hage/Hinkenaburg ‑Berumer Burg Blandorf/ Engena Burg‑ Wichte/ Wichter Burg bauten. Für letztere, den Uthofbewohnem, war die Kirche in Hage zuständig, deren Steinkirche bestimmt schon eine hölzerne Vorkirche hatten. Deshalb wurden die von den Westgastern, Lintelern, Ekelem und Neugrodern im Jahre 884 eroberten Gebiete der Hilgenriederbucht nach dem Sieg über die Normannen und der Gründung der Norder Theelacht auch stolz nach dem Herkunftsgebiet ihrer Eroberer benannt, nämlich Gaster Theel (= Westgaster Theel), Linteler Theel, Ekeler Theel und Neugroder Theel. Zu den frühen Norder Ethelings‑ oder Edelingsgeschlechtern, die in Westgaste, Lintel, Ekel und Neugroden lebten ist folgendes im Einzelnen zu sagen: In der Westerburg (Westerhus/heute Neuapostolische Kirche) der Norder Westgaste (heute „Westerstraße“) residierten die Agena, die seit jeher zu den Arvburen der Theelacht gehörten. Auch in der Westgaste waren die Mannena ansässig, die ihren Uthof(zuerst Weidehof/später Burg/heute Bauernhof) in Noordoog (Hagermarsch) in Besitz hatten. Die Geschlechter von Westlintel , die Aldringa (danach die Harringa), von Ostlintel , die Aldersna (danach die Hajunga), waren allesamt mit dem Norder Geschlecht „von Wicht“ versippt, das auf der Osterwichte seinen Uthof hatte. In Ekel residierte das Norder Geschlecht Uldinga. Auf der Norder Ostgaste (heute Osterstraße) hatten die Attena auf der Norder Osterburg (später verbaut in der Eisenhütte) ihren Sitz und erbauten ihren Uthof in Berum (heute Schloß Berum). Zu nennen wären aber auch noch die ldzinga in Barenbusch mit ihrem Uthof in ldzendorf im Neugroden (in der Westermarsch 1). Fest steht jedenfalls, dass die Ethelinge von Westgaste, Lintel, Ekel und dem Neugroden, die bis 1919 noch zur Norder Sandbauernschaft zusammengeschlossen waren, Sieger in der Schlacht gegen die Normannen im Jahre 884 waren, worauf sich eindeutig die Namensgebung“ihrer“ vier Theele stützt.

Aber was ist mit den anderen vier Theel‑ Benennungen? Sind sie möglicherweise auf die heutige Stadt Norden zurückzuführen, denn am Rande des heutigen hoch gelegenen Norder Marktplatz gab es auch zur Zeit der Normannenschlacht bereits eine Besiedlung von Norder Ethelingsgeschlechtern. Schließlich ist Norden die älteste Stadt Ostfrieslands. Fest steht, dass rund um den heutigen Norder Marktplatz im 13./14. Jahrhundert ‑ wie sicherlich auch schon zur Zeit der Normannenschlacht‑ von Norder Altgeschlechtern Domizile errichtet wurden. Z. B. von dem Norder Altgeschlecht der Tzerklaes/später genannt Cirksena, den Kankena, den tom Brok und den Gelberesna, an welcher Stelle Am Norder Markt sie lagen, wird im Folgenden noch näher ausgeführt werden.

3. Vier Theele an der Hilgenrieder Bucht, benannt nach der geographischen Lage der kämpferischen Norder Marktbewohner (Ethelinge) gegen die Normannen

Zu dieser zweiten Frage muss zuerst einmal folgendes festgestellt werden: Die drei Rechte der friesischen, so auch der Norder Ethelinge, beinhaltete das Weiderecht (eingeschlossen
Torfstich, Jagd, Fischerei), das Recht auf das Richteramt und das Recht zur Wahl des Pfarrers, dessen Versorgung auch von den Ethelingen abgesichert wurde. Diese Feststellung ist wichtig für die nachfolgende Erklärung der Benennung der weiteren 4 Theele der Norder Theelacht. Wie hießen diese? Das erste war das Osthover Theel , das benannt wurde nachdem Siedlungsabschnitt im Osten des Norder „Wykhoves“ (heute mit Ludgerikirche und Altem Friedhof mit einer Mauer umgeben). Dann folgt das Eber Theel oder Laidemer Theel, benannt nach der Ehe (= Wasserlauf) oder nach der “ Leide“, die südlich an der südlichen Norder Marktbebauung vorbeiführte (heute Flurname: „Am Alten Siel“). Das dritte Theel, das Trimser Theel, bedeutet übersetzt „drittens“, ist somit nach seiner 3.Rangordnung benannt worden. Das vierte und letzte der 8 Theele in der Hilgenrieder Bucht hieß Hover Theel und bezieht sich auf den „,Wyk‑hove“(heute Ludgerikirche mit Altem Friedhof mit einer Mauer umgeben) der Stadt Norden.
Und nun wird es interessant: Am Norder Markt gab es vier Pastoreien, verantwortlich für die Bewohner der vier Kluften der Norder Marktrandbebauung, deren Benennung mit den zuletz tgenannten vier Theelen (Osthover‑, Eber‑ Trimser‑ und Hovertheel) der Hilgenrieder Bucht übereinstimmte.

Das waren:

a)
Die Norder Osterpastorei = Norder Oberpastorei, zuständig für die Marktbebauung in der Norder 0 s t e r k 1 u f t, die von der heutigen Postapotheke (Markt Nr. 1 bis Nr. 8) einschloss.
Diese Norder Osterpastorei stand am Markt Nr.7, später Conring’schenHaus/heute Friseur). Die älteste Benennung dieser Pastorei war „Osthoverlehn“, benannt nach dem Theel‑ Pachtland, das diese Pfarrei und ihren Pastor ernährte und dass aus der Verpachtung des Osterhover Theels an der Hilgenrieder Bucht gewonnen wurde. Das Geschlecht, das diesen Teil der Bebauung des Norder Marktplatzes dirigierte und den Pfarrer eingesetzt hatte, könnte bereits das Norder Ethelingsgeschlecht und Theelbauerngeschlecht der Tzerklaes/später genannt Cirksena, gewesen sein, die ihren adelig freien Sitz in dieser Norder Osterkluft am Markt Nr. 4/5/heute Postamt) hatten.
An dieser Ostseite des Norder Marktes residierte auch das alte Norder Geschlecht der Kankena, das in dem heutigen Vossenhaus (Markt Nr. 8) sein adelig freier Sitz hatte.

b)
An diese Norder Osterpastorei schloss sich hinsichtlich der Marktbebauung die Süderpastorei an, die zuständig war für die S ü d e r k 1 u f t der Norder Marktplatzbebauung. Diese Pfarrei war verantwortlich für den ganzen südlich bebauten Bereich des Norder Marktplatzrandbebauung. Sie wurde „Eber‑lehn“ oder„Laydimer/Laidemer ‑ lehn“ genannt. Diese Bezeichnung hatte sie ‑ wie bereits ausgeführt von dem Fluss der „Ehe“ oder „Leide“, die südlich des Marktplatzes an dieser Süderkluft vorbei floss. Die Süderpastorei der Norder Süderkluft lag auf dem Gelände der heutigen Mennonitenkirche (Markt Nr. 18). Das bekannteste Norder Ethelinggeschlecht in diesem Bereich (Norder Markt 9/10 war das Norder Altgeschlecht und Theelachtsgeschlecht der Tom Broks, das von den Nachfolgegeschlechtern Engena, die auch einen Uthof in Blandorf hatten und von den Rykena abgelöst wurde. Ein weiteres Geschlecht, die Loringa, lebten in dieser Norder Süderkluft des Marktplatzes im sogenannten „Süderhaus“ („Blaue Pforte“, Markt Nr. 20), ebenfalls ein adelig freies Haus. 

c)
Die dritte Norder Pastorei am Norder Markt wurde nach ihrer dritten Rangfolge „Trimserlehn“ genannt und war zuständig für die sogenannte W e s t e r k 1 u f t der Norder Marktplatzbebauung. Sie umfasste den westlichen Marktbereich von der ehemaligen Idzingaburg (Markt Nr. 24/heute Energieversorgung ), erbaut von den ldzinga von Barenborch und ldzendorf bis zum heutigen „Alten Rathaus“ (Markt Nr. 36). Insofern ist davon auszugehen, dass die ldzinga diese Westerkluft bestimmten, den entsprechenden Pfarrer anstellten und ihn mit den Pachtgeldern aus dem Trimserlehn an der Hilgenrieder Bucht unterhielten. Die erste Westerpastorei (die erste lag ab 1699 „Am Markt 33“) befand sich wahrscheinlich „Am Mark Nr. 29, dem späteren Gast‑ und Armenhaus der Mennonitengemeinde.

d)
Die vierte Pastorei, die Norder Norderpastorei, umfasste hinsichtlich der Marktrandbebauung die N o r d e r k l u f t, die sich vom Haus am Norder Markt Nr. 37 (mittlere Marktplatzbebauung, heute Küsterwohnung) über die nördliche Marktplatzbebauung bis nach Osten (Markt Nr. 69/ heute Gaststätte „Minna“) hinstreckte. Diese vierte Pfarrei
(wahrscheinlich in der heutigen Küsterwohnung der Ludgerikirche?) hieß Hoverlehn. Sie war benannt nach dem Norder heute noch mit einer Mauer abgegrenzten“ Wykhove“, auf dem sich neben der Norder Ludgerikirche auch ehemals die Norder Andreaskirche befand. Das Geschlecht, das diese Bebauung des Marktes gefördert hat, waren die Gelberesna, die im sogenannten Herren Logement (Markt Nr. 49) residierten, auch ein ehemals adelig freies Haus.

Insofern ist exakt abzuleiten, dass die Norder Ethelingsgeschlechter, die Tzerklaes/Cirksena, Kankena, tom Brok und Gelberesna, die gesamte Randbebauung des Norder Marktplatzes im 13. Jahrhundert von ihren Hauptresidenzen auf dem Markplatz aus planten, indem sie die Lücken zwischen ihren Marktresidenzen gewissermaßen schlossen und entsprechend aufteilten. Dabei ist deutlich zu erkennen, dass sie manchmal aufgrund ihrer schon bestehenden Domizile die Marktplatz‑Bebauung nicht linienartig und genau viereckig durchführen konnten, sondern Häuserzeilen manchmal hervortraten (z. B. die Tom‑Brok Burg, später Engenahof/heute Polizei) Die auch von den Markt‑Ethelingen oder Markt Theelbauern erbauten 4 Pfarreien benannten sie nach „ihren“ vier Theellanden an der Hilgenrieder‑Bucht und ließen durch deren Pachtgelder die Pfarreien unterhalten. Aber nicht nur das:

In diesen Bezeichnungen ist versteckt, daß die damaligen Norder Marktgeschlechter der Ethelinge, die Tzerklaes/Cirksena, Kankena, tom Brok und Gelberesna an der Schlacht an der Hilgenrieder Bucht im Jahre 884 beteiligt gewesen sein müssen. Auch sie hatten ‑ wie die Norder Sandbauernschaft -sogenannte Uthöfe in ihrem Besitz. Man denke z. B. an das Nachfolgegeschlecht der Tom Brok, den Engena, die ihrer Uthof in Blandorf hatten. Wenn auch nicht letztere Markt‑ und Theelgeschlechter selbst, so doch zumindest die Vorfahren ihrer Familien. Diese benannten „ihre“ durch den Sieg erworbenen Theele ‑ genau wie Ethelinge aus Westgaste, Lintel, Ekel und dem NeuGroden ‑ nach der geographischen Lage und einmal nach der Rangordnung ihrer Domizile auf dem Norder Marktplatz. Es lässt sich somit feststellen, daß die Randbebauung des Norder Marktplatzes durch die Norder Theelachts‑Arvburen erfolgte.

Die Nachgeschlechter der Ethelinge und Theelbauern der Norder Sandbauernschaft (Gaste, Lintel, Ekel, Neugroden) und am Norder Markt haben ihre Nachfolge in der Norder Theelacht bis zum heutigen Tag angetreten. Die kirchlichen Theellande der vier Pfarreien (Osthover‑ lehn, Laydemer‑lehn, Trimser‑lehn und Hover‑lehn) blieben lange Zeit in Besitz der Kirche, denn 1553 gehörten ihr noch 528 Diemat, wurden aber nach 1600 von privaten Theelachtern/Theelbauern in Anspruch genommen. Ein Register von Kirchengütern aus dem Jahr 1553 zeigt, über welche Hilgenrieder Theellande die vier Pastoren der vier Pfarreien noch zu dieser Zeit verfügen konnten. Das waren die vier Prediger Wilhelm Lemsius, Fusipedius, Meister Henningh und ein Laie, der gelehrte Hisken von Mark.

4. „Harfst‑Theele“ und „Vörjahrs‑Theele“

Die zuletzt genannten Forschungsergebnisse decken sich mit den Auszahlungstheelen, die 2x im Jahr, im Herbst und im Frühjahr, ausgezahlt werden, den „Harfst ‑ Theelen“ und den „Vörjahrs‑Theelen“. Es werden nämlich jeweils zwei Theele an die Nachkommen der Arvburen der Norder Sandbauernschaft und zwei an die Nachkommen der Arvburen als Anwohner des Norder Marktes ausgezahlt:
1.
Zu der Auszahlung der Harfst‑Theele gehören das Ekeler, Neugroder, Osthover und Trimser Theel
2.
Zu der Auszahlung der Vörjahrs‑Theelen gehören das Linteler Theel, Gaster Theel, Eber Theel und Hover Theel
Erklärung: Die alten Theelachter richteten diese Einteilung nach der Sonne. Das Linteler Theel (Vörjahrstheel) liegt westlich von Ekel (Harfst‑Theel), Gast‑ oder Westgaster Theel (Vörjahrstheel) südwestlich der Osterkluft (Osthover‑Harfst‑Theel), die Norderkluft (Hover Vörjahrs‑Theel) nordöstlich von der Westerkluft (Trimser‑Harfst‑Theel). Je ein Harfst‑Theel und ein Vörjahrstheel stehen unter einem Theelachter. Also Ekeler Harfst‑ Theel mit Linteler‑Vörjahrstheel, Neugroder Harfst‑Theel mit Gaster‑ Vörjahrstheel, Osthover Harfst‑Theel mit Eber‑Vörjahrs‑Theel und Trimser Harfst‑ Theel mit Hover ‑Vörjahrs‑Theel. Eine Liste aus dem Jahre 1586 mit den Namen von 66 Theelachts‑Arvburen ist überliefert. An ihr sind alle obigen Aussagen eindeutig nachzuvollziehen. So treffen wir einen Ulbet Hayunga, der ein Nachfolger der Aldersna in Ostlintel (1255 ‑also vor 750 Jahre ‑ ist ein Aggo Aldersna als Norder Konsul/Richter = Consules/iudices urkundlich) war und Hiske Agena ehelichte. Arvburen aus der Familie Agena, zwei werden in dieser Liste von 1586 auch genannt, waren wiederum versippt mit den auch genannten Arvburenfamilien Loringa und Harringa, allesamt Nachfolger der frühen Norder Ethelingsgeschlechter wohnend in Nordenhove (= frühe Bezeichnung für Norden) auf dem Norder Markt. Die Zweiteilung der in der Hilgenrieder Bucht kämpfenden Geschlechter (Ethelinge der Norder Sandbauernschaft und Ethelinge am Norder Markt) lässt auch begreifen, dass beide Gruppen je eine Kirche bauten. Die älteste war als Norder Stadt‑ und Marktkirche, die Ludgerikirche. Die Kirche der Norder Sandbauernschaft war die Norder Landeskirche, nämlich die Andreaskirche und leider heute nicht mehr vorhanden. Beide Gotteshäuser hatten jeweils vier unabhängige Pfarreien. Die der Andreaskirche wurden nach seinem Verfall seit Anfang des 16. Jahrhunderts den 4 Pfarreien der Norder Ludgerikirche einverleibt.

5. Das „hensen“, als alter Brauch der Theelacht

Ein weiteres Geheimnis, die sogenannte Verpflichtung des „hensens“ der Neubauern der
Theelacht kann die Verfasserin inzwischen auch lösen. So musste der Neebuur Siebo Edenhuizen aus Upgant‑ Schott am 16. Dezember 1980 nach den Sitten der Theelacht nicht nur eine Kanne extra gebrautes Theelbier an die Arvburen ausschenken, sondern auch mit dem Hensebecher hensen. Sein Sohn Friedrich Edenhuizen, seit diesem Jahr Arvbuur, schaute dabei zu. Das heißt, wer in die Norder Theelachter‑ Genossenschaft aufgenommen wurde und irgendwelche Bedingungen nicht erfüllte, musste hensen. Das heißt, ein „Neebuur“ muss nach einem Würfelritual (drei Mal würfeln) und die entsprechende ausgewürfelte Menge an Bierbechern „stürzen“. Später‑ so auch heute‑ konnte/kann man sich allerdings stattdessen freikaufen oder Geld in die Armenkasse geben. Dieser Akt des hensens war in mehreren friesischen Genossenschaften üblich, so auch bei den alten friesischen Schiffer
Genossenschaften, die die Besatzung (Gilde) eines Schiffes bildeten. Es war ‑ wie bei der Theelacht ‑ immer eine sogenannte Mutprobe, die auch der junge Störtebeker bewältigen musste und standgehalten hat. Der Hense‑Becher, mit dem er diese Mutprobe vollbrachte, kam danach in seinen Besitz und stolz ließ er folgenden Spruch darauf eingravieren:

lk, Jonker Sissingha van Groninga, Dronk dees Hensa in een Flensa (= Fluß), door myn Kraga (Kragen) in myn Maga (Magen).

Nach diesem Akt des ausgezeichneten Stürztrunkes erhielt er seinen Namen Stürz‑den
Becher = plattdeutsch: Störtebeker. Nach den neuesten Forschungen der Verfasserin gehörte Störtebeker dem Sissingh‑Geschlecht aus der Stadt Groningen an, hieß Johann (nicht Klaus) wurde 1364 geboren und 1400 in Hamburg geköpft.

Haupt – Quellen zur Forschung um die Gründung der Norder Theelacht, zusammengefasst von Gudrun Dekker-Schwichow

Vorbemerkung:

Es war nicht leicht für die Verfasserin das „Großes Rätsel um die Gründung der Norder Theelacht“ entschlüsselt zu haben. Richtig ist natürlich, dass zu so einer Leistung bzw. Schlussfolgerung niemand fähig wäre, der nicht nur viele, sondern gerade die absolut „glaubhaften und logischen Quellen“ zur bisherigen Entstehungsgeschichte der Theelacht besonders studiert hätte. Erst durch diese Auswahl konnte die Forscherin aufgrund dessen dann wieder zu eigenen historischen Schlüssen kommen. Insofern sind diese Quellen, aus denen die Verfasserin die entsprechenden Ergebnisse durch die Vorarbeit anderer glaubhafter Forscher zog, es absolut wert, dass sie genannt werden sollen. Nein, sie müssen einfach aufgrund der wissenschaftlichen Ehrlichkeit heraus auch aufgeführt werden. Diese Personen, die somit eine wertvolle Vorarbeit für die Autorin Gudrun Dekker-Schwichow leisteten, heißen Ella Ippen, Bernhard de Vries, Dr. Babucke, Dr. H. Reimers, Friedrich Swart und Gesine Agena. Alle sind inzwischen verstorben. Ihre Veröffentlichungen, hier geordnet nach der Effizienz ihrer Aussagen, die sie für die Autorin hatten, lauten:

1. Ella Ippen, Wie ist unsere „1000jährige Theelacht“ entstanden? [1]

(Deutungsversuch im Zusammenhang mit der Besiedlung von Hage und Hagermarsch, neue Untersuchungen auf Grund der edlen Herde und ihrer Geschichte), 5 Folgen, in: „Ostfriesischer Kurier“ 10. Mai 1958 (Nr. 108), 17. Mai 1958 (Nr. 113), 24. Mai 1958 (Nr. 119), 31. Mai 1958 (Nr. 124), 7. Juni 1958. Ella Ippen. „Die Theelacht und Botschafter Pauls“, in: Heim und Herd Nr. 12/1968.

2. Bernhard de Vries: In: Emder Jahrbuch, Nr. 21, 1925, S. 245-248: „Zur Besiedlungsgeschichte des Norderlandes, der Theelacht, der Ludgerikirche und der Andreaskirche“.

3. Dr. Babucke, In: Emder Jahrbuch, 2. Halbjahr 1/1873, S. 49-66: „Ein Register der Kirchengüter zu Norden vom Jahre 1553“, Verlag von W. Haynel, Emden und Aurich, 1872.

4. Dr. H. Reimers: Ein niederländisches Gegenstück zu Nordens 8 Ludgeripfarren. In: Heim und Herd, Nr. 77, Nr. 4/1933/ Jahrgang 67/ Beilage zum Ostfriesischen Kurier, Norden, 31. März .

5. Dr. H. Reimers, „Die Rätsel von St. Ludgeri“, in: Festschrift anlässlich des 400jährigen Reformationsjubiläums in Norden, S. 58-63, Verlag Heinrich Soltau, Norden 1926.

6. Friedrich Swart, „Ist die Theelacht älter als Kirchspiele und Deiche?“ In: OstfreeslandKalender 1939, S. 114-117; Verlag Heinrich Soltau, Norden 1938.

7. Gesine Agena, „Eine rechtshistorische Betrachtung der Theelacht“. In: Emder Jahrbuch 26, S. 88-94;
NS-Gauverlag Weser-Ems, Emden 1938

gez. Gudrun Dekker-Schwichow

 

[1] Karl Brandes (zitiert von Ufke Cremer) sagt: das Kirchspiel ist die kleinste, historisch – geographische Einheit, mit der man alle Geheimnisse territorialer Lagerung und Abgrenzung lösen kann. Norden gilt als ältester Besiedlungsort der Umgegend, die Norder Ludgerikirche als die älteste, die Hager Kirche ist jünger…….

Das Norder und auch das Hager Gebiet wird von zur Theelacht in Beziehung stehenden Personen bewohnt, denn die Zahlungstermine der Acht wurden von den Kanzeln beider Kirchen (Norden und Hage) verlesen. Die Untersuchung von Gudrun Dekker-Schwichow geht aus 1. von der Annahme, dass die Theelacht eine Allmendegenossenschaft war, eine These, die von Dr. Swart zuerst angeführt und durch die juristische Untersuchung von Dr. Gesine Agena gefestigt wurde. 2. von den der Acht angehörigen Familien und von deren mündlicher Überlieferung über den Ursprung der Acht.