Jubiläumsfeier für Johannes Fleeth in der Theelkammer

Johannes Fleeth

In der Theelkammer „unner dat olle Rathus“ ist neben dem wuchtigen Kamin die Ehrentafel aufgehängt, auf der alle Theelachter seit 1600 verzeichnet sind, und zwar alle in weißer Schrift auf schwarzem Grund, während ein Name in goldenen Buchstaben verzeichnet ist, nämlich Menke B. Uven, der von 1838 bis 1891 Theelachter war. Nun hat man einen zweiten Namen in goldenen Lettern angebracht, und zwar den des gegenwärtig ältesten Theelachters Johs. R. Fleeth, der in diesen Tagen, wie berichtet, sein goldenes Jubiläum feiert und am vergangenen Sonntag seinen 75. Geburtstag beging.

Dem noch immer rüstigen Senior zu Ehren fand gestern in der Theelkammer eine Feier statt, zu der sich außer den „Arvburen“ und „Koopburen“ auch Landrat Fischer und Bürgermeister Dr. Schöneberg eingefunden hatten. Theelachter Albrecht Ulferts begrüßte die Anwesenden und wies zunächst darauf hin, daß in den letzten 350 Jahren nur zwei Theelachter ihr 50jähriges Jubiläum hätten begehen können. Die mehr als 100 Jahre alte Theelacht sei stolz darauf, in Johs. Fleeth einen Theelachter zu haben, der sich wie kein anderer um den Bestand dieser alten historischen Einrichtung verdient gemacht habe. Es sei kein Zweifel, daß ohne Johs. Fleeth die Theelacht heute nicht mehr bestehen würde, und daß man ihm allein zu verdanken habe, wenn schwere Kriegs- und Krisenzeiten hätten überstanden werden können. Er sprach dem Jubilar im Namen der Theelacht seinen Dank für die bisher geleistete unermüdliche Arbeit aus und überreichte ihm mit den Glückwünschen aller einen Präsentkorb, dem noch manche andere Geschenke, u. a. auch des Bürgermeisters, folgten.

Theelbauer Johann Sassen ließ in längeren Ausführungen die Geschichte der Theelacht lebendig werden und wies hin auf die Überlieferung von Geschlecht zu Geschlecht, insbesondere aber auf den Ursprung der Theelacht, deren Gründung auf die siegreiche Schlacht der Friesen gegen die Normannen um 880 zurückgeführt wird. Aus seinen Worten klang nicht nur der Stolz auf die in Ostfriesland einzigartige historische Einrichtung, sondern auch der Wille, sie nach Urväterart für die Zukunft so zu erhalten, getreu dem Vorbild des Jubilars, der sich in dieser Hinsicht in den 50 Jahren seiner Tätigkeit unvergängliche Verdienste erworben habe.

Begeistert leerte man den hölzernen Becher mit dem Warmbier auf das Wohlergehen von Johannes Fleeth und „up Theelachts Wolfohrt“, und noch einmal geschah es, als Theelachter A. Ulferts eines zweiten Jubilars gedachte; Hermann Onkes, der mit 14 Jahren schon Erbbauer wurde und heute, im Alter von 85 Jahren, ein halbes Jahrhundert als Ausschußmitglied der Theelacht angehört. Auch ihm wurde als Dank und Anerkennung für seine Treue ein Präsentkorb überreicht, und dann nahm Johannes Fleeth das Wort, um sich für die zahlreichen Ehrungen zu bedanken. In launigen Worten gab er einen Rückblick auf die letzten 50 Jahre und erzählte aus der Zeit, da sein Vater als Theelachter noch „mit Booken unner d‘ Arms un in een Hand de Geldbüdel, in anner Hand de langen Piepen“ zur Theelkammer ging. In seinen Worten fanden die „damals erschlagenen 10377 Normannen“ ein lebhartes Echo, aber ganz besonders gab er seiner Freude darüber Ausdruck, daß entgegen früheren Zelten die Zusammenarbeit mit den Behörden heute sehr erfreulich sei.

Landrat Fischer führte aus, daß es für den Kreis Norden eine Selbstverständlichkeit sei, die alte Theelacht zu erhalten und zu fördern und daß alle verpflichtet seien, daran mitzuarbeiten. Das alte Rathaus müsse in allen Zeiten die Theelkammer beherbergen, darüber hinaus aber auch als Zeuge vergangener Jahrhunderte den Mittelpunkt des ostfriesischen Heimatgedankens bilden. Es sei notwendig, wie einst, wieder das Museum des Heimatvereins hier unterzubringen, um der Nachwelt sichtbar zu machen das Leben unserer Vorfahren, deren Andenken wir ebenso wie das alte ostfriesische Brauchtum in Ehren zu halten hätten. Mit seinen Glückwünschen für Johannes Fleeth verband Landrat Fischer die Mitteilung, daß der Kreis Norden ihm in den nächsten Tagen zu seinem Jubiläum ein geschnitztes Wappen des Kreises Geschenk überreichen werde. Damit war der offizielle Teil der Feier beendet, dem mit Imbiß und fröhlichem Umtrunk ein gemütliches Beisammensein folgte, in dessen Verlauf manche alte Schnurre erzählt und von August Dreesen zur allgemeinen Erheiterung plattdeutsche Verse vorgetragen wurden. Frohsinn beherrschte die Stunden, die in angeregter Unterhaltung allzu rasch verflogen, aber in denen sich die trunkfesten Mannen der Theelacht ihrer Ahnen würdig erwiesen, denn die Becher wurden „up Theelachts Wolfohrt“ geleert, und davon durfte sich keiner ausschließen.

© Norder Kurier 15. Juni 1950 Klischee