Fünf Männer wollen in der Theelkammer "antasten"
NORDEN (bnk) Seit uralten Zeiten ist es Brauch bei der Theelacht, kurz vor Weihnachten an die Arfburen ihren Anteil an der Theelheuer auszuzahlen. Dann kommen sie von nah und fern in das Alte Rathaus und versammeln sich in de Theelkammer, wo alles für eine „Ausgabe“ nach alter Tradition vorbereitet ist. Wenn am kommenden Mittwoch, 16. Dezember, und Freitagnachmittag in der Theelkammer „unter dem alten Rathaus“ zu Norden wieder das geschäftige Leben und Treiben herrscht, das seit Jahrhunderten mit einer Theelachtsausgabe verbunden ist, dann wird sich in diesem historischen Raum auch 1981 wieder das abspielen, was dort seit eh und je geschah. Da werden die Arfburen von weither ebenso wie aus Norden und der näheren Umgebung ihre Anteile am Ertrag der Theellande entgegennehmen, da wird bei Petroleumlicht, bei offenem Herdfeuer, bei Kerzenschein und Theelbier die Tonpfeife geraucht werden, und da wird auch wieder „angetastet“. Mehrere Male wird das sogar geschehen, denn es haben sich fünf Mann gemeldet, die ihre Rechte geltend machen möchten, teils auf Vaters, teils auf Großvaters Namen, in einem Falle auch als „Pelsbauer“ für die Ehefrau.
Theelbote Bojen hat dafür gesorgt, daß alles parat ist, was zu einer Theelachtsausgabe gehört, und die Theelachter haben ihre Bücher mit den Namen der Berechtigten, ebenso vorbereitet wie das nötige Geld bereitgehalten wird, um jedem Arf- oder Koopburn seinen Anteil auszahlen zu können. Am Mittwochnachmittag werden zunächst die Trimser- und die Neugroder Theelen ausgezahlt, am Freitagnachmittag folgen dann die Osthover- und die Ekeler Theelen. Im Rahmen dieser Herbstausgabe wird es auch ein kleines Jubiläum geben, das aber noch nicht verraten werden soll. Sicher wird die Herbstausgabe 1981, an der natürlich nur Arfburen und Koopburen, aber keine Frauen, teilnehmen können, sich würdig in die Reihe der früheren Ausgaben einfügen.
(16.12.1981 Rudolf Folkerts)
Alte Tradition der Theelacht: Lebendige Herbstausgabe 1981 Mittwoch zahlten die Neugroder und Trimser Theelen aus
Norden (bnk) Am Mittwochnachmittag herrschte in der historischen Theelkammer unter dem Alten Rathaus in Norden wieder das lebhafte Leben und Treiben, das seit fast elf Jahrhunderten bei den Theelachtsausgaben insbesondere im Herbst so und nicht anders dazugehört. Ausgezahlt wurden die Neugroder und die Trimser Theelen, und angetastet wurde gleich dreimal. Am Freitagnachmittag folgen nun die Ekeler und die Osthover Theelen. Auch dann wird zweimal angetastet werden.
Die sehr winterliche Witterung wirkte sich zuerst auch auf die Theelachtsausgabe am Mittwochnachmittag aus: Nur zögernd kamen die Arfburen und Koopburen in die von Theelbote Bojen bestens vorbereitete Theelkammer. Aber nach und nach füllte sich der Raum, und in der fünften Stunde wurden die Plätze knapp.
Die Theelachter Ulferts und Campen konnten sich über Mangel an Interesse nicht beklagen. Oftmals mußten sie ihre Bücher wälzen, um zu prüfen, ob auch die Namen der Berechtigten verzeichnet waren. Ab und zu mußten sie auch auf andere Bücher verweisen, die aber an diesem Tage nicht zur Auszahlung anstanden.
Höhepunkte der Mittwochausgabe war das Antasten: Gleich dreimal wurden „Neeburn“ aufgenommen. Zuerst war es Jörg von Hugo Graf zu Innhausen und Knyphausen, der für seine Ehefrau als „Pelsbur“ antastete; dann kamen die Vettern Johann Alts aus Blandorf und Karl Alts aus Norddeich. Alle drei mußten nach der offiziellen Aufnahme noch den Würfelbecher schwingen, als „Hensen“, und auch ihnen gelang es, jeweils dreimal nacheinander sechs Augen zu würfeln, so daß sie mit 18 Augen das höchstmögliche Ergebnis erzielten. Natürlich lehnten alle ab, 18 Becher Theelbier auszutrinken, und kauften sich lieber frei, wie das auch seit uralten Zeiten üblich ist.
Sehr schnell vergingen die Stunden der Ausgabe. Nach dem offiziellen Ende um 18 Uhr dankte Theelachter Ulferts allen Arfburen und Koopburen für ihre rege Teilnahme. Er freute sich, als Vertreter der Alten Bürgerlande Heinz Seebens begrüßen zu können, ferner als Gast den Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer für Ostfriesland, von Glysczinsky, der mit großem Interesse die Ausgabe verfolgt hatte.
Dann wurde Theelbote Peter Bojen geehrt, der jetzt zwanzig Jahre dabei ist. Theelachter und Syndicus Folkerts hob in kurzen Worten das Wirken Bojens in diesen zwanzig Jahren hervor; er gehöre mittlerweile schon zum „lebenden Inventar“. Alle Anwesenden bekräftigten mit sehr herzlichem Beifall den Wunsch, daß Bojen noch recht lange mitwirken könne.
Arfbur und Ausschußmitglied Werner Remmers gab in der anschließenden gemütlichen Stunde einen Überblick über die Entwicklung der Bierbraukünste aus der Sicht des Theelbiers. Von den Sumerern über die Babylonier und Ägypter kam es zu den Römern und dann zu den Mönchen, die schon ein Starkbier ähnlich dem Theelbier brauten, daneben aber ein – stark verdünntes – „Pilgerbier“. Dem Braumeister standen fünf Liter Starkbier zu, und das seien eben genau die 18 Becher Bier, die beim Antasten erwürfelt würden…
Heute, am Freitagnachmittag, werden durch die Theelachter Seeba und Folkerts die Osthover und Ekeler Theelen ausgezahlt. Dann wird sicherlich wieder ein lebhaftes Leben und Treiben in der Theelkammer herrschen. Auch diesmal wird wieder angetastet werden, so daß altes Brauchtum weiter gepflegt wird, wie es in der Theelacht seit 884 üblich ist und so bleiben wird auf lange Sicht, denn die Theelacht lebt, auch nach 1100 Jahren noch …
(18.12.1981 Rudolf Folkerts)
Freitag bei der Theelacht All Arfburen up de Däl!
Auch diesmal wurde „angetastat“
Norden (bnk) Noch einmal herrscht am Freitagnachmittag das gewohnte Leben in der Theelkammer unter dem Alten Rathaus zu Norden, noch einmal kamen zur Herbstausgabe 1981 Arfburen und Koopburen und Gäste zusammen, um alter Überlieferung gemäß, ihren Anteil am Ertrag der Theellande in Empfang zu nehmen oder auch nur dabei zu sein.
Wiederum war es alles aufs beste vorbereitet, wiederum kamen Arfburen von weit her angereist, trotz nicht gerade einladender Straßenverhältnissee und wiederum wurde angetastet. Diesmal kamen zwei weitere Mitglieder der Familie Alts -auch am Mittwoch waren schon zwei dabei-, um ihre Rechte als Arfburen bei der Theelacht durch „Antasten“ geltend zu machen, wie es das Theelrecht vorschreibt.
Viel Spaß gab es natürlich wieder beim „Hensen“, und weder Cornelius Alts aus Berumbur noch Ewe Alts aus Leer konnten bei Würfeln weniger als 18 Augen erzielen, so daß sie entweder 18 Becher des mündigen Theelbiers auf das Wohlergehen der Theelacht austrinken oder aber sich freikaufen mußten: Sie entschieden sich fürs Freikaufen.
Die Herbstausgabe 1981 war für die Familie Alts etwas ganz Besonderes, denn genau vor 100 Jahren, im Jahr 1818, hatten auch vier ihrer Vorfahren angetastet, ein in der Geschichte der Theelacht seltener Fall.
Theelachter Seeba wies in kurzen Worten auf die Besonderheit hin. Er dankte allen, die für die Theelacht soviel reges Interesse entwickelten, ob nun als Arfbur, Koopbur oder als Gast. Sein besonderer Dank galt einem Mitglied seiner Sippe, Arfbur Emil Seeba aus Burgdorf, der der Theelacht eine der handgemalten Fliesen mir dem Wappen der Theelacht geschenkt hatte, die er in kleinster Auflage eigens hatte anfertigen lassen.
Die Arfburen Esder Rosenboom und Werner Remmers trugen in der „gemütlichen Stunde“ nach dem mit den Traditionellen Klopperschlägen und dem altüberlieferten plattdeutschen Text angekündigten Schluß der offiziellen Ausgabe mit humorvollen Vorträgen zur Unterhaltung bei. Schlugen auch Wellen der Stimmung wiederum recht hoch, so hieß es doch schließlich „‚t ist Fierabend“.
Nun sind die Lichter wieder erloschen, ist das Herdfeuer verglüht, herrscht wieder Ruhe in der Theelkammer, Aber zur Frühjahrsausgabe Ende März 1982 werden sich Arfburen und Koopburen und „anner leew Lü“ zur Frühjahrsausgabe hier wiederum einfinden, wie es der mehr als tausendjährigen Tradition der Theelacht zu Norden entspricht.
(23.12.1981 Rudolf Folkerts)